Fachregierungerklärung
Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow
in der 18. Plenarsitzung des Sächsischen Landtages am 10.09.2025
- Es gilt das gesprochene Wort -
Jeder Wissenschafts- und Forschungs-Cent ist klug investiert in die wissenschaftliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Sachsens. Forschung ist ein Motor für Wirtschaft und gesellschaftlichen Fortschritt und sie ist unverzichtbar für die regionale Entwicklung.
Die Finanzierung der Wissenschaft und Forschung ist konkret. Es geht nicht um die Finanzierung einer abstrakten Spitzenposition oder Imagepflege. Es geht um die Investition in Talente, Köpfe, neue Ideen, Ausbildung und Weiterbildung, Technologie- und Wissenstransfer in allen Bereichen – angefangen von Gesundheitsthemen über MINT-Fächer bis hin zur KI und vielem mehr. Wir alle profitieren ganz konkret von einem starken Wissenschaftsstandort.
Charakteristisch und erfolgsweisend für unser sächsisches Wissenschaftssystem von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist ein hohes Maß an Kooperation und Komplementarität. Es gibt heute in Sachsen etwa 50 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, die eng mit den 15 staatlichen Hochschulen zusammenarbeiten.
bestandenen Prüfungen liegt kontinuierlich bei 40 %. Damit halten unsere Hochschulen im Ländervergleich den Spitzenplatz. Für unsere Wirtschaft eine unabdingbare Voraussetzung für Wachstum.
Für die Halbleiterindustrie zum Beispiel sind die Absolventen in den Studienbereichen Elektrotechnik und Informationstechnik und Informatik ein herausragender Standortfaktor. 2024 gab es in diesen Bereichen 2.200 erfolgreiche Abschlussprüfungen. Also 2.200 potentielle Arbeitskräfte für unser Land.
1.600 erfolgreiche Prüfungen wurden in den Lehramtsstudiengängen abgelegt. Und etwa 600 angehende Ärztinnen und Ärzte absolvieren pro Jahr ihr Studium der Humanmedizin. Unsere Hochschulen leisten den entscheidenden Beitrag zur Deckung des Bedarfs an hochqualifizierten Fachkräften, wie an Lehrerinnen und Lehrern, Ingenieuren, Ärztinnen und Ärzten und vielen mehr.
Vorausgesetzt, genügend Absolventinnen und Absolventen sehen in Sachsen ihre berufliche Zukunft. Die erfreuliche Botschaft ist: Ein stetig steigender Anteil an Absolventinnen und Absolventen bleibt nach dem Abschluss im Freistaat. Das heißt: Es gibt durch das Studium bei uns einen Klebeeffekt – und er ist messbar.
Herr Professor Karl Lenz hat am 13. August dieses Jahres die Ergebnisse der 4. Sächsischen Absolventenstudie der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Auswertung der von ihm und seinem Forscherteam erhobenen Daten ist Bestätigung und gleichzeitig Aufforderung, in unseren vielfältigen Bemühungen nicht nachzulassen. Ein Ergebnis der Studie ist, dass mehr als 60 % der Studierenden für ihre erste Erwerbstätigkeit in Sachsen bleiben. In der ersten untersuchten Kohorte der
Prüfungsjahrgänge 2006/07 waren es noch 56 %. Bei den Lehramtsstudiengängen liegt dieser Wert noch höher, bei 74 %. Diese Zahlen sind natürlich auch der Heimatverbundenheit der sächsischen Abiturienten zuzuschreiben, von denen nach den Studienabschluss 80 % im Land bleiben. Aber nicht nur… Wir beobachten einen steigenden Bleibeeffekt auch bei denjenigen Absolventinnen und Absolventen, die erst zum Studium nach Sachsen gekommen sind, sei es aus dem übrigen Bundesgebiet oder auch aus dem internationalen Raum. 44 % von ihnen beginnen hier ihre Erwerbsbiografie.
Diese positive Entwicklung wird auch möglich dank der attraktiven Beschäftigungsbedingungen in der sächsischen Wirtschaft, genauso wie aufgrund des sozialen und kulturellen Umfelds. Grund ist aber auch die verstärkte Hinwendung der Hochschulen zur regionalen Wirtschaft und zu einer frühzeitigen Einbindung von Studierenden in Kontakte zu Unternehmen und Einrichtungen.
Hinzu kommt das Bekenntnis der Hochschulen zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in der jeweiligen Region. Im Interesse unseres Freistaates müssen wir diese Kraft verstetigen und weiter entwickeln. Dazu müssen wir unsere Hochschulen in die Lage versetzen, die Herausforderungen der Zeit zu meistern. Zu diesen Herausforderungen gehört zweifellos die demografische Entwicklung. Sie stellt Hochschulen in zweifacher Hinsicht vor ein Problem. Zum einen steht auch dort ein Generationenwechsel an. 25 % der Professorenschaft ist älter als 60 Jahre.
Zum anderen haben die Hochschulen auch weiterhin um jede Studienanfängerin, um jeden Studienanfänger zu kämpfen. Denn damit die Zahl der erfolgreichen Studienabschlüsse konstant bleibt, muss die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger gehalten werden.
Darin wird etwa die Qualität des Studiums an sächsischen Hochschulen äußerst positiv bewertet. Die Studienorganisation und Prüfungsorganisation werden von 79 % der Befragten als »sehr gut« oder »gut« bewertet. Auch das soziale Klima wird mit 75 % ähnlich hoch bewertet. Für diese Kennziffern gibt es einen positiven Trend über den Erhebungszeitraum aller Sächsischen Absolventenstudien hinweg.
Gleichzeitig verstärken unsere Hochschulen ihre Aktivitäten in der gezielten Gewinnung internationaler Studentinnen und Studenten. Vor wenigen Wochen wurde in Santiago de Chile das unter der Federführung der TU Chemnitz arbeitende Sächsische Wissenschaftliche Verbindungsbüro eröffnet. Daneben gibt es wissenschaftliche Verbindungsbüros bereits in der Mongolei, Usbekistan, Indien und Taiwan. Ziel ist es, die klügsten Köpfe aus zielgerichtet ausgewählten Regionen der Welt für ein Studium und später für den Arbeitsmarkt im Freistaat zu gewinnen.
Wir hier in Sachsen dürfen mit Recht stolz auf den Wissenschaftsstandort Sachsen sein.
Wenn wir heute über Spitzenforschung sprechen, dann neben außergewöhnlichen Wissenschaftlern in ihren Disziplinen auch über Exzellenz und die Bedeutung der von Bund und Land geförderten Exzellenzstrategie.
Es gibt einen Indikator für die Forschungsstärke und erfolgreiche Wissensgenerierung der Hochschulen in meinem Geschäftsbereich: Das ist die Höhe der Drittmitteleinnahmen. Zusätzliches Geld zur Grundfinanzierung, das notwendige Forschung ermöglicht.
Im Jahr 2023 beliefen sich die sächsischen Drittmittel auf 743 Mio. Euro. Das war fast das Eineinhalbfache des Wertes von 2016. 2022 führte Sachsen bei den Drittmitteleinnahmen pro Professor mit 339 Tausend Euro das Länderranking mit deutlichem Abstand an. Diese Leistungsfähigkeit hat sich - wie Sie wissen - auch in den diesjährigen Ergebnissen der Exzellenzstrategie niedergeschlagen.
Vom 1. Januar 2026 an erhalten sechs sächsische Exzellenzcluster über sieben Jahre hinweg finanzielle Unterstützung vom Bund und den Ländern. Damit hat sich die Anzahl der Exzellenzcluster in Sachsen im Vergleich zur vorherigen Förderperiode verdoppelt. Dieses herausragende Ergebnis bestätigt: Sachsen ist einer der führenden Forschungsstandorte in Deutschland.
Die hohe Qualität dieser Spitzenforschung ist zugleich ein starkes Signal für unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Technische Universität Dresden konnte sich mit fünf der sechs eingereichten Projekte durchsetzen. Bereits bestehende Cluster wie »Physik des Lebens«, »Komplexität, Topologie und Dynamik in Quantenmaterialien« und das »Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop« werden weitergeführt.
Neu hinzu kommen zwei weitere Forschungsverbünde, die sich mit verantwortungsvoller Elektronik im Zeitalter des Klimawandels und mit klimaneutralem und ressourceneffizientem Bauen beschäftigen. Erstmals ist die Universität Leipzig mit dem Cluster »Leipzig Centrum für Metabolismus« vertreten. Diese Forschungsprojekte sind nicht nur wissenschaftlich hoch anspruchsvoll.
Sie haben große gesellschaftliche Bedeutung für die kommenden Jahre und ein immenses Innovationspotential auch für unsere Wirtschaft. Gut fassbar wird das am Beispiel des Leipzig Center für Metabolismus. Es mag pathetisch klingen, aber hier kann Forschung sogar Leben retten.
Der Wissenstransfer aus der Exzellenz-Forschung wird zeigen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse konkret zur Bewältigung komplexer und unsicherer Zukunftsszenarien – für den Einzelnen wie auch unsere Gesellschaft - beitragen können.
Ein besonderes Merkmal der sächsischen Exzellenzcluster ist die enge Einbindung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen. So wirken etwa in Dresden unter anderem das Leibniz-Institut für Polymerforschung, das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf mit.
Leipzig punktet durch die Zusammenarbeit mit mehreren Max-Planck-Instituten, dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Genetik, dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und weiteren Forschungseinrichtungen.
Diese interdisziplinären Kooperationen stärken die wissenschaftliche Qualität und fördern den Technologietransfer und die Innovationskraft in Sachsen. Für uns ist dieser Erfolg in der Exzellenzstrategie eine große Chance. In den nächsten sieben Jahren fließen durch die sechs neuen Exzellenzcluster bis zu 200 Millionen Euro Bundesmittel nach Sachsen.
Unternehmen profitieren von der Nähe zu exzellenter Forschung, ja, sie suchen sie. Innovationen werden dadurch schneller zugänglich gemacht. Gleichzeitig entstehen hochwertige Arbeitsplätze, die den Standort attraktiv machen. Und für Studentinnen und Studenten schafft diese Politik beste Bedingungen, um hautnah von aktuellen Erkenntnissen zu profitieren und forschungsnah zu lernen.
Die Botschaft ist klar: Es lohnt sich, in Sachsen zu studieren, hier zu forschen, zu arbeiten und zu leben.
Ein neuer Baustein und eine Ergänzung im System der sächsischen Hochschulen ist die Duale Hochschule. Am 31. Januar vorigen Jahres hat der Landtag die Umwandlung der Berufsakademie zur Dualen Hochschule beschlossen. Dank des großen Einsatzes aller Beteiligten ist der offizielle Start der Dualen Hochschule zum 1. Januar 2025 reibungslos verlaufen. Damit wurde eines der zentralen wissenschaftspolitischen Projekte der vorangegangenen Legislaturperiode umgesetzt. Die Berufsakademie Sachsen war und ist erst recht nach ihrer
Umwandlung zur Dualen Hochschule ein attraktiver Partner für die sächsischen Unternehmen, insbesondere für unsere mittelständisch geprägte sächsische Wirtschaft.
Entscheidend dafür ist das duale Prinzip der engen Verknüpfung von akademischer Theorie und betrieblicher Praxis. Schon vor der Umwandlung erfüllte die Berufsakademie Sachsen eine wichtige Funktion im regionalen Bildungs- und Beschäftigungssystem. Mit der Weiterentwicklung zur Dualen Hochschule Sachsen ist das duale Studium nun weiter aufgewertet.
Jetzt können auf Wunsch der Handwerkskammern erstmals Absolventen einer dualen Ausbildung unmittelbar nach erfolgreichem Ausbildungsende ein Studium an der Dualen Hochschule aufnehmen. Damit haben wir eine größere Durchlässigkeit der Bildungswege erreicht.
Wichtiger Faktor sind zudem die Standorte der Dualen Hochschule. Sie liegen insbesondere außerhalb der Ballungszentren und können dadurch ihren Beitrag zur Entwicklung der ländlichen Regionen leisten: Sie stärken die regionale Wirtschaft, und vor allem binden sie die jungen Menschen in den Regionen.
Durch die Duale Hochschule kann die sächsische Wirtschaft ihren Bedarf an Fachkräften in Zukunft auch regional noch zielgenauer decken und damit zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Freistaates beitragen. Damit ist das wesensbestimmende eigenständige Profil mit einem dualen Studium und – zur Sicherstellung des Wissenstransfers in die Regionen – die Verbundenheit zur mittelständischen Wirtschaft noch tiefer ausgeprägt. Mit der Umwandlung ist es auch gelungen, statusbedingte Nachteile der vormaligen Berufsakademie im Wettbewerb mit anderen Hochschulen deutschlandweit zu beheben.
Durch den rechtlichen Status als Hochschule sind die Abschlüsse nicht mehr nur den Hochschulabschlüssen gleichgestellt, sondern es handelt sich um einen akademischen Grad. Die Fragen nach der Anerkennung der Abschlüsse entfallen damit, was den Absolventen verbesserte Berufschancen und Karrierewege eröffnet. Mit dem Status der Dualen Hochschule wurde auch ein für Hochschulen essenzieller Forschungsstatus etabliert. Mit dem sogenannten kooperativen Forschungsauftrag erhöht sich die Attraktivität und die Bindungskraft für Lehrpersonal. Das kommt der Lehrqualität zu Gute und trägt mit Sicherheit auch zum Transfer von Erkenntnissen in die Praxis bei. Die Digitalisierung ist zum Lebensbegleiter und zum unverzichtbaren Mittel der Aufgabenbewältigung in nahezu allen Bereichen geworden. Was bedeutet das für die Hochschulen im Freistaat? Für die sächsischen Hochschulen ist die digitale Transformation ein entscheidender Schlüssel, um sowohl Forschung, als auch Lehre sowie administrative Prozesse nachhaltig wettbewerbs- und zukunftsfähig zu gestalten. Nicht ohne Grund ist sie
eine der zentralen Maßnahmen dieser Legislaturperiode.
Handlungsrahmen für die Umsetzung ist die gemeinsam von SMWK und Landesrektorenkonferenz Sachsen entwickelte und verabschiedete Dachstrategie zur digitalen Transformation im Hochschulbereich. Die Hochschulen sollen ermächtigt werden, den Anforderungen der digitalen Zukunft gerecht zu werden und ihre Rolle als Bildungsinnovatoren und leistungsstarke Forschungsstandorte weiter auszubauen. Im Mittelpunkt stehen hochschulübergreifende Kooperationen. Sie werden gemeinsame IT- Infrastrukturen und -Dienste stärken und digitale Lösungen und Prozesse in den sächsischen Hochschulen etablieren.
Das heißt konkret: Standardisierungen und skalierende Lösungen, Rahmenverträge, gemeinsame Betriebseinheiten, zentralisierte IT-Infrastrukturen und -Dienste für eine sachsenweite Nutzung. Technische und organisatorische Grundlage der Digitalisierung sind Bereitstellung, Betrieb und Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur und -Dienste der sächsischen Hochschulen.
Ein Großteil der hochschulinternen Prozesse wird service- und nutzerzentriert gestaltet und durchgängig digitalisiert werden, um den manuellen Verwaltungsaufwand abzubauen. Dazu zählt etwa die schnellere, transparentere und weniger fehleranfällige Bearbeitung von Anträgen, die Immatrikulation und Prüfungsorganisation.
Im Projekt MOSAIC entsteht z.B. eine zentrale, flexible Moduldatenbank. Sie bündelt die Modul-, Lehrveranstaltungs- und Studiengangsverwaltung, vereinfacht hochschulübergreifende Abstimmungen und ermöglicht eine integrierte Nutzung in unterschiedlichen IT-Landschaften. Die Digitalisierung der administrativen
Hochschulprozesse wird gemeinsam konzipiert.
In den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen wurde u.a. vereinbart, dass sie eine Struktur für das Forschungsdatenmanagement etablieren und die Kompetenzen der Wissenschaftler für ein Forschungsdatenmanagement stärken.
Dies ist eine Grundvoraussetzung in Antragsverfahren für Fördermittel beispielsweise der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG. Mit der Initiative »Digitalisierung der Hochschulbildung in Sachsen« haben wir von 2019 bis Mitte 2025 Lehrende in der digitalen und digital gestützten Lehre qualifiziert und ihnen den digitalen Wandel in Studium und Lehre ermöglicht.
Die ausgebildeten »Digital Change Agents« tragen ihr Wissen in die Hochschulen und stärken damit die neue Lehrkultur. Fachspezifische, hochschulübergreifende Lehrnetzwerke fördern den Austausch über bewährte Digitalisierungsansätze. Ergänzend unterstützen wir die Hochschulen bei der Weiterentwicklung und Erprobung digitaler Werkzeuge, um den Studienerfolg und die Studienqualität zu steigern und Absolventen bestmöglich auf die
Arbeitswelt vorzubereiten.
Die Hochschulen des Freistaates sind nicht nur Orte des Lernens und der Forschung - sie sind Basis und Antreiber unserer wirtschaftlichen Entwicklung. Unsere vier Universitäten decken nahezu das gesamte Spektrum akademischer Disziplinen ab. Die fünf Hochschulen für angewandte Wissenschaften wiederum sind unverzichtbar für die Innovationskraft unserer Unternehmen. Denn sie forschen und lehren praxisorientiert - und entwickeln damit
Lösungen, die unmittelbar in Wirtschaft und Gesellschaft wirken.
Die fünf Kunst- und Musikhochschulen, die Duale Hochschule und private Einrichtungen knüpfen das Netz noch enger. Auch sie tragen dazu bei, dass Wissen und Ideen schneller ihren Weg in neue Technologien, Dienstleistungen und kulturelle Impulse finden.
Um den Transfer zu beschleunigen, haben wir im vergangenen Jahr die Hochschulinnovationsstrategie vorgestellt. Sie ist von einem hochkarätigen Expertenbeirat erarbeitet worden – mit Stimmen aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Wirtschaft, Finanzsektor und Verwaltung. Im Juni 2024 wurde sie dem Kabinett vorgelegt.
Jetzt wird diese Strategie Schritt für Schritt umgesetzt und in die Praxis getragen. Ein Kernelement besteht darin, die Leistungsfähigkeit der Hochschulen im Transferprozess zu steigern. Wir haben deshalb Transfer in den Zielvereinbarungen höher gewichtet. Das Signal ist: Transfer ist nicht Nebensache, sondern mit Forschung und Lehre Kernaufgabe moderner Wissenschaft. Aber wir wollen noch mehr: Wir wollen Sachsen zu einem Land machen, in dem aus Ideen Produkte, aus Erfindungen Unternehmen und aus Forschungsergebnissen Markterfolge entstehen. Deshalb bereiten wir ein Wissenschaftsinnovationsgesetz vor.
Unser Ziel ist, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass der Weg von der Forschung in die Gründung noch leichter und attraktiver wird. Sachsen soll eine neue Gründerzeit erleben - eine Gründerzeit, in der Mut, Unternehmergeist und wissenschaftliche Exzellenz Hand in Hand gehen. Wir möchten, dass noch mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Chance ergreifen, mit ihren Erkenntnissen den Schritt in die
wirtschaftliche Selbständigkeit zu wagen.
Jede Ausgründung, die hier entsteht, stärkt den Standort, schafft Arbeitsplätze und trägt dazu bei, Wissen in Wertschöpfung zu verwandeln und im Kampf an der Spitze im internationalen Wettbewerb um Innovation und wirtschaftlichen Erfolg zu bestehen. Sie (die Abgeordneten) stellen die Mittel zur Finanzierung der Grundhaushalte der Hochschulen und der Wissenschaftseinrichtungen bereit, auch um die vorhandene Dynamik des Wissenschaftsstandorts Sachsen auszubauen und die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit des Innovationsstandortes zu sichern. Zusätzlich aber sind Förderinstrumente notwendig.
Wir müssen die Bedarfe entlang der Innovationskette flexibel abdecken. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen. Die Richtlinie des SMWK zur Gewährung von Zuwendungen für Projekte im Forschungsbereich etwa ist ein wesentlicher Baustein in diesem System. Alleinstellungsmerkmal ist die themenoffene Fokussierung auf Projekte im Grundlagenbereich.
Eine Evaluation während der Erarbeitung des Weißbuches für die Forschung in öffentlichen Wissenschaftseinrichtungen im Freistaat Sachsen hat dieser Landesforschungsförderung eine hohe Relevanz und Passfähigkeit zur Unterstützung der Profilbildung und wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit sächsischer Forschungseinrichtungen – und damit des Gesamtstandortes – bescheinigt. Überzeugend ist die Hebelwirkung, die das Programm bei der Einwerbung von Drittmitteln entfaltet:
Wenn wir ausschließlich nicht-sächsische Drittmittelgeber betrachten, lässt sich ein Faktor von 1:3 ermitteln. Mit jedem Euro, den wir aus Landesmitteln investieren, holen wir drei Euro aus EU- und Bundesmitteln nach Sachsen. Die Landesforschungsförderung ist ein Basiselement im sächsischen Förderportfolio und zahlt nachweislich auf die
Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandortes ein.
Die anwendungsorientierte InfraProNet etwa ist das verbindende Element zwischen Grundlagenforschung und wirtschaftlichem Transfer. Seit 2024 wurden in Sachsen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 219 Millionen Euro in den Ausbau moderner Forschungsinfrastrukturen und in Projektförderungen aller Fachbereiche investiert.
Ergänzend flossen durch den Just Transition Fund (JTF) 93 Millionen Euro gezielt in die Forschungsförderung der sächsischen Strukturwandelregionen. Ein Beispiel für die Innovationsdynamik ist auch die Förderung der APECS-Pilotlinie im Rahmen des EU Chips Acts. Das Projekt fördert die Entwicklung fortschrittlicher Chiplet-Technologien und die zuverlässige Systemintegration in Schlüsselbranchen wie Telekommunikation, künstliche Intelligenz, Medizintechnik und Hochleistungsrechnen.
Durch die enge Vernetzung mit sächsischen Forschungseinrichtungen stärkt APECS die internationale Sichtbarkeit Sachsens und festigt dessen Rolle im europäischen Mikroelektronik-Ökosystem. Gleichzeitig fördert es Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen sowie die Industrie.
Sachsen trägt mit 38 Millionen Euro aus Landesmitteln maßgeblich zur Umsetzung bei und mobilisiert dadurch insgesamt Investitionen von rund 260 Millionen Euro, die in sächsische Einrichtungen fließen.
Mit den Projekten SpiNNaker2 und SpiNNaker3 setzen wir im Bereich der Hochleistungsinformatik und Künstlichen Intelligenz neue technologische Maßstäbe. Der im Aufbau befindliche SpiNNaker2-Cluster an der Universität Leipzig bietet der Wissenschaft modernste Möglichkeiten, um komplexe biologische Prozesse, die Medikamentenentwicklung sowie Umwelt- und Neurowissenschaften in Echtzeit zu simulieren. Parallel hierzu wird mit SpiNNaker³ die nächste Generation neuromorpher Computerarchitekturen entwickelt. Diese sind der Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachempfunden. Sie machen künstliche Intelligenz leistungsfähiger und zugleich energieeffizienter und reduzieren damit den steigenden Energiebedarf heutiger KI-Systeme signifikant.
Diese Vorhaben sind beispielhaft dafür, wie der Freistaat konsequent Zukunftstechnologien aufbaut, wissenschaftliche Exzellenz fördert, neue wirtschaftliche Chancen eröffnet und die Position Sachsens als Innovationsstandort von internationaler Bedeutung festigt.
Ein weiterer Fokus der sächsischen Forschungsförderung liegt auf der Wasserstofftechnologie als Schlüssel zur Energiewende. Mit einer gezielten Förderung unterstützt der Freistaat gemeinsam mit der Technischen Universität Chemnitz und dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU bahnbrechende Forschungsarbeiten zur Nutzung von grünem Wasserstoff in den Bereichen Mobilität, Industrie und Wärmeerzeugung sowie als Energiespeicher.
Mit rund acht Millionen Euro werden insbesondere innovative Brennstoffzellensysteme, die Wasserstoff-Wertschöpfungskette von der Produktion bis zur Anwendung und die intelligente Sektorenkopplung erforscht.
Ein weiteres herausragendes Beispiel für die sächsische Forschungsförderung im Gesundheitswesen ist das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig. In einer neuen Reinraumanlage werden hier »Genfähren« entwickelt und hergestellt, spezialisierte Werkzeuge zur Reparatur fehlerhafter Erbinformationen. Diese Technologie bildet die Grundlage für neuartige Therapien schwerer Erkrankungen wie bestimmter Blutkrankheiten und Muskelschwächen, die bisher als unheilbar galten.
Durch diese Investitionen kann Sachsen die Entwicklung innovativer Therapien vorantreiben und vor allem Patientinnen und Patienten neue Heilungschancen eröffnen, mit einem großen Potential für wirtschaftliches Wachstum.
Das Projekt SAM4HeatPump in Zittau setzt auf die Entwicklung hocheffizienter Hochtemperatur-Wärmepumpen für die klimaneutrale industrielle Prozesswärme.
Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt bündelt das Fraunhofer IWU in Zittau seine Expertise und Infrastruktur, um neue Wertschöpfungsketten in der Region zu etablieren, Unternehmen bei der Transformation zu unterstützen und hochwertige Arbeitsplätze zu sichern.
Das Projekt verbindet somit Klimaschutz, Innovationskraft und regionale Entwicklung und stärkt die Lausitz als bedeutenden Standort für Zukunftstechnologien.
Mit großer Spannung verfolgen wir den Aufbau der beiden Großforschungszentren in den sächsischen Kohlerevieren. Hier werden perspektivisch bis zu 2.000 Menschen arbeiten und auch hier bieten sich Möglichkeiten für junge Talente. Das Center for the Transformation of Chemistry und das Deutsche Zentrum für Astrophysik stehen exemplarisch für die Anpassungsfähigkeit von Spitzenforschung und Wissenschaft an neue, dynamische Herausforderungen. Sie geben Antworten auf brennende Fragen unserer Zeit - und zwar nicht nur in wissenschaftlicher, sondern auch in wirtschaftlicher und geostrategischer Hinsicht:
Das CTC hat sich mit der Transformation der Chemie zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft verschrieben. Die Herstellung chemischer Stoffe in der Region unabhängig von internationalen Risiken rückt in greifbare Nähe und verspricht den Anschluss an frühere Erfolge des mitteldeutschen Chemiedreiecks. In mehr als 90 % unserer Alltagsprodukte steckt Chemie, vor allem Plastik.
Weiter- und Wiederverwertung von erneuerbaren Ausgangsstoffen reduziert so auch die Abfallbelastung und den CO2-Ausstoß. Damit ist das CTC ein wichtiger Baustein für die wirtschaftliche Souveränität Sachsens, Deutschlands und Europas. Es macht uns unabhängiger von ausländischen fossilen Ressourcen. Es macht die chemisch-pharmazeutische Industrie krisenfester und sichert Arbeitsplätze. Und es macht die Automobilindustrie mit seiner Vision eines vollständig recyclebaren Autos zukunfts- und wettbewerbsfähiger. Das CTC liefert also gezielt Innovationen für die Branchen, die für Mitteldeutschland so wichtig und im Moment so krisengeschüttelt sind.
Das Deutsche Zentrum für Astrophysik arbeitet an neuen Lösungen für die großen Herausforderungen des Digitalisierungs- und Datenzeitalters. Viele unserer digitalen Werkzeuge, wie z. B. das WLAN, stammen ursprünglich aus der Raumfahrtforschung. Sie sind heute allgegenwärtig, aber auch störanfällig und energiehungrig, produzieren riesige Datenmengen und brauchen immer leistungsfähigere Technologien.
Hier setzt das DZA an. Mit seinem Untergrundforschungslabor wird es perfekte, nämlich schwingungs- und störungsarme Bedingungen für die Entwicklung und Herstellung immer kleinerer Mikroelektronikprodukte schaffen. Mit seinem Datenzentrum arbeitet das DZA unter anderem an der Bewältigung der immer größer werdenden Datenmengen zum Beispiel im Internet. Und mit seinen KI-Kompetenzen kann es neue Computing-Methoden und Chip- Designs entwickeln. Das DZA stärkt also neben der Grundlagenforschung gezielt die Zukunftsbranchen, die in Sachsen schon heute wesentlich für unseren Wohlstand und unseren Fortschritt sind.
Spitzenforschung für die Lösung der modernen Menschheitsfragen, Exzellenzstrategie, Fachkräfteausbildung, Digitalisierung, Transfer, Start-ups, Großansiedlungen. Alles, was eine erfolgreiche Wissenschaftspolitik ausmacht und ermöglicht, zahlt ein auf Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, auf unsere persönliche Zukunft.
Ich danke Ihnen, dass Sie die Grundlage dafür schaffen, dass Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Sinne einer zukunftsgerichteten, guten Entwicklung für den Freistaat und seine Menschen wirken können.«